Warmes Wetter, Sonnenschein und Whisky 3D, das bedeutet fast schon automatisch, dass die Veranstaltung im Garten der nahe gelegenen Orangerie stattfindet. Der Juni 3D sollte da keine Ausnahme bilden und so sammelten wir uns im Whiskykoch um dann mit Stühlen, Gläsern und weiteren Accessoires bewaffnet ins Grüne zu pilgern.
Es ist immer spannend zu beobachten wie die Umgebung auch Einfluss auf die Wahrnehmung der Whisky-Aromen nimmt.
Dies zeigt sich natürlich am stärksten beim allseits bekannten Eichwhisky. Dieser wirkte diesmal völlig anders als sonst. Interpretieren wir die Nase Indoor eher als angenehm und leicht rauchig, schlug uns im Freien diesmal ein Hauch nasser Hund entgegen. Auch geschmacklich scheint sich der gute Adelphi Blend eher an Indoor Trinker zu richten, denn auch auf der Zunge überzeugt der Blend in 4 Wänden mehr.
No. 01
Beim ersten Whisky des Abends (von Chris liebevoll blickdicht in Alufolie gepackt um auch hier ein Blind-Tasting zu ermöglichen) zeigte sich dann, dass auch das Training der Geschmacksnerven den Umgebungsfaktoren unterliegt, denn bei diesem ersten Whisky lagen wir fast alle meilenweit mit unseren Einschätzungen daneben.
Beim Nosing stellten wir überwiegend fruchtige Noten, insbesondere Brombeere und grüne Äpfel fest.
Auf der Zunge präsentierte sich die Abfüllung scharf, pfeffrig und leicht bitter mit einem Hauch Süße überreifer Bananen. Bei Zugabe von Wasser kamen noch interessante Grapefruit-Noten heraus.
Bemerkenswert war auch, dass der Whisky mit zunehmender Zeit im Glas noch an Süße gewann.
Da wir ein Freilufttasting veranstalteten erfolgte das Voting öffentlich, was natürlich ein wenig Beeinflussung nach sich ziehen mag, aber ob der schönen Location in Kauf genommen wurde.
Der Whisky erreichte ordentliche 5,77/10 Punkten im Schnitt. Soweit ich das noch rekonstruieren kann, war das Voting relativ homogen, ohne große Ausrutscher nach oben oder unten.
Mit unseren Vorschlägen zu den Eckdaten des Whskys hatten wir uns jedoch völlig verschätzt. Ob der pfeffrigen Note hatten wir ihn allesamt eher jung eingeschätzt und auch hinsichtlich Region und Alkoholgehalt lagen wir eher daneben.
Daher waren wir dann schon alle überrascht, als Chris die Alufolie von der Flasche zog und ein 20 Jahre alter Glenfarclas zum Vorschein kam. Der Whisky, der in Oloroso-Sherryfässern reifen durfte, (etwas was für mich auch nicht wirklich deutlich zu erschmecken war) wurde mit 46 % abgefüllt. Die Abfüllung gehört zur Glenfarclas Premium Edition.
Die in Moray, in der Speyside, gelegene Destillerie ist eine der wenigen Destillen, die sich noch in Familienbesitz befindet.
No. 02
Nachdem wir mit unseren „educated Guesses“ so falsch lagen, war schlagartig, obwohl wir ja gerade Whisky verkostet hatten, Ernüchterung angesagt.
Entsprechend vorsichtig äußerten wir uns dann beim nächsten Kandidaten. Allerdings durfte ich mich nach der Auflösung freuen, dass ich mit meinem Tip der Destillerie diesmal richtig gelegen hatte.
Die Nase wurde von den Aromen kalten Kaminholzes, Asche und Kräutern angeregt. Auf der Zunge machten sich komplex Holznoten, leichter Rauch, ölige Süße und Birnennoten breit, die nach einer Zeit im Glas noch um Vanille- und Kräuteraromen bereichert wurden. Der Abgang gestaltete sich lang, mit leicht bitteren Noten und einem Hauch maritimer Fischnoten.
Insgesamt ein sehr leckerer Tropfen, der allgemein großen Anklang fand.
Es handelte sich um eine Abfüllung der Brennerei Bowmore mit dem Titel „Small Batch“. Eine Altersangabe fehlt bei dieser Abfüllung zwar, dafür wird die Lagerung in Bourbon Fässern prominent auf dem Lable dokumentiert. Dass der Tropfen mit „nur“ 40 % abgefüllt wurde, schmeckt man ihm beim besten Willen nicht an. Der Whisky hat für diesen Alkoholgehalt wirklich ein bemerkenswertes Volumen. Als Wermutstropfen möchte ich anführen, dass Bowmore diesen Whisky mit Farbstoff „einfärbt“ was ich relativ schade und nicht ganz zeitgemäß finde.
Die Bewertung fiel wirklich gut aus. Der Bowmore erreichte 6,44/10 Punkten auf der Bewertungsskala und verwies den Glenfarclas damit auf die hinteren Plätze. Auch bei diesem Tropfen war die Bewertung insgesamt sehr homogen.
No. 03
Was soll man sagen. Natürlich ist bei so einem Freiluft-Tasting nicht alles so optimal, wie Indoor. Dies zeigte sich, als Chris die letzte Flasche des Abends kreisen ließ. Diese war zwar auch sorgsam mit Alufolie maskiert worden, jedoch konnte die Folie nicht über die Flaschenform hinwegtäuschen, die durchaus dazu angetan war erste Rückschlüsse zu ziehen.
Der leicht medizinische Geruch, gepaart mit Rauch und frischem Malz erhärteten beim Nosing dann auch gleich den Verdacht, den die Flasche nahe gelegt hatte.
Die malzige Note war auch auf der Zunge deutlich zu spüren. Süße Noten mischten sich mit Rauch- und Lakritz, entfalteten ein sattes Volumen um dann in einem weichen, langen Abgang auszuklingen. Ein unglaublich leckerer Whisky.
Das sah auch die Tasting Gemeinde so. Der Whisky schaffte es mühelos auf die oberste Stufe des Treppchens. Satte 7,44/10 Punkten machten ihn mit einem vollen Punkt Abstand zum Bowmore zum Tagessieger.
Es handelte sich (die Flaschenform ist wirklich sehr verräterisch) um eine Abfüllung der kleinen Kilchoman Destillerie auf Islay. Die Farmdestillerie ist für ihre rauchigen Whiskys bekannt. Bei dieser Abfüllung, dem 100 % Islay, liegt die Besonderheit darin, dass alle Arbeitsschritte, inkl. dem Mälzen vor Ort in der Destille stattfinden. Das Resultat ist die besondere Malzigkeit dieser Abfüllung, die zudem etwas weniger stark getorft ist, als die anderen Kilchoman Brände.
Ein wirklich absoluter Spitzenwhisky für alle Liebhaber von Rauch und Torf. Abgefüllt ist der Whisky mit 50% nachdem er 7 Jahre lang in Bourbonfässern lagern durfte.